Annika Schröder, eine freiberufliche Hebamme die ehrenamtlich für unseren Verein arbeitet, berichtete heute auf dem Fachtag „Weibliche Genitalverstümmelung: Verbreitung – medizinische Versorgung – Prävention“ über ihre Arbeit und ihre Erfahrungen mit betroffenen Patientinnen. Ihrer und auch unserer Meinung nach muss dieses noch immer stark tabuisierte Thema in die Aufmerksamkeit des betreffenden Fachpersonals gerückt, Fortbildungsmöglichkeiten müssen geschaffen werden.

Der Fachtag fand heute von 14:00 Uhr bis 17:30 Uhr im Mainzer Rathaus statt (Jockel-Fuchs-Platz 1, 55116 Mainz).

Annika Schröder zu Zielen und Inhalten des Fachtags

Mit insgesamt drei Hebammen betreuen wir Geflüchtete und Frauen ohne Krankenversicherungsschutz in der Schwangerschaft und im Wochenbett. Unter diesen sind zunehmend Frauen aus von Female Genital Mutilation (kurz FGM) betroffenen Ländern, wie Eritrea oder Somalia.

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass das Thema der weiblichen Genitalbeschneidung gesellschaftlich immer noch sehr schambehaftet und tabuisiert ist. Auch unter Fachpersonal, wie Hebammen, Kinderärzten und Kinderärztinnen, sowie Gynäkologen und Gynäkologinnen, ist das Wissen über FGM unzureichend, da die Thematik weder Ausbildungsinhalt, noch verpflichtende Fortbildungseinheit ist.

Im Austausch mit den Frauen haben wir festgestellt, dass es eine große Hürde ist, das Thema anzusprechen. Dafür bedarf es einer Vertrauensbasis, die sich erst im Betreuungsverlauf entwickelt. Weiterhin haben wir bemerkt, dass betroffene Frauen sich vor Allem im Beisein anderer Frauen bzw. Freundinnen zu diesem sensiblen Thema öffnen.

Die Zusammenarbeit mit Spezialisten und Spezialistinnen ist gut. Mit Frau Prof. Dr. Hasenburg, Leiterin der Universitären Frauenklinik, haben wir hier in Mainz eine gynäkologische Expertin zum Thema operativer Behandlungsmöglichkeiten bei weiblicher Genitalbeschneidung.

Der Weg bis zu ihr ist jedoch für die Frauen hürdenreich. Das Hilfsangebot ist nicht niedrigschwellig genug, da es mit zahlreichen Arztbesuchen verbunden ist. Betroffene Frauen trauen sich oft nicht von alleine Hilfe aufzusuchen, sondern benötigen dafür Unterstützung.

Wir appellieren daher an die Gynäkologen und Gynäkologinnen, an die Hebammen, die Kinderärzte und Kinderärztinnen und an die Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen, die in engem Kontakt mit Frauen aus betroffenen Ländern stehen, das Thema der weiblichen Genitalbeschneidung nicht zu umgehen, sondern die Frauen in einem vertrauensbasierten und respektvollen Rahmen anzusprechen. Die Aufklärung der Frauen und ihrer Familien über FGM ist unbedingt vonnöten, um auch die rund 14.000 hier lebenden, gefährdeten Frauen und Mädchen zu schützen.

Gerade Gynäkolog*innen oder Hebammen, die die Frauen bereits bei verschiedenen Vorsorgeterminen oder unter Geburt untersucht und begleitet haben, sollten eine vorliegende Beschneidung nicht ignorieren. Es kann sich allerdings als durchaus schwierig gestalten mit wenig Fachkenntnis die verschiedenen Beschneidungstypen zu differenzieren.

Wir Hebammen von  Armut und Gesundheit fordern daher:

Einen niedrigschwelligeren Zugang zu Hilfsangeboten, damit die Versorgung von Frauen auch ohne Krankenversicherungsschutz möglich wird.

Die Aufnahme des Themas in die Ausbildungs- und Weiterbildungscurricula von werdenden Hebammen, Ärzt*innen und Sozialarbeiter*innen.

Programm- und Infoflyer:

Genitalverst-Fachtag