25 Jahre Mainzer Modell – kein Grund zum Feiern

Eigentlich ist es ein Skandal, dass es unser Mainzer Modell noch immer geben muss.

Statt einem stetigen Rückgang unserer Patientenzahlen durch Lückenschlüsse und Verbesserungen in unserem Gesundheitsversorgungssystem erleben wir genau das Gegenteil. Im Verlauf der vergangenen 10 Jahre stieg die Zahl der Behandlungskontakte im Kontext des Mainzer Modells pro Jahr von rund 3000 zu Beginn des Zeitraums auf 4500 zum Ende des Zeitraums an. Entsprechend verhält sich die Zahl der Patientenkontakte pro Jahr, mit einem Anstieg von ca. 450 auf 650 pro Personen Jahr.

Die Ursachen hierfür sind gewiss sehr vielfältig, doch scheint durch die bloßen Zahlen zumindest Eines klar zu werden. Die Lösungsansätze können derzeit nicht mit der Verschärfung des Problems Schritt halten.

Welche Menschen sind es, die die Hilfe des Mainzer Modells in Anspruch nehmen?

  • Zum Einen bleibt für Menschen, die soziale Transferleistungen beziehen, oft nicht genug Geld übrig, um die hohen Medikamentengebühren zu bezahlen.
  • Dann müssen Haftentlassene in der Regel bis zu 6 Wochen warten, bis sie wieder über einen gültigen Versicherungsnachweis verfügen. In der Zeit bis dahin werden sie nicht behandelt.
  • Privatversicherte, die in Beitragsverschuldung geraten sind, denken häufig, sie dürften in diesem Zeitraum gar keine medizinische Versorgung in Anspruch nehmen.
  • Asylbewerber*innen können nur in akuten Notlagen oder Schmerzzuständen behandelt werden.
  • Hinzu kommt, dass mehr und mehr Menschen komplett aus dem Gesundheitsversorgungssystem heraus fallen und über gar keinen Krankenversicherungsschutz mehr verfügen.

Diesen Problemen zu begegnen, wurde Jahr für Jahr schwieriger.


Dennoch haben wir uns aus mehreren Gründen dazu entschlossen, zu einer Jubiläumsveranstaltung am 03.12.2019 einzuladen. Die Veranstaltung konnte ein musikalisches Rahmenprogramm und Verpflegung bieten und schaffte so auch den Raum, miteinander ins Gespräch zu kommen. Insgesamt konnten wir an diesem Abend etwa 120 Gäste begrüßen. Uns hat ganz besonders gefreut, dass so viele unserer Patient*innen unserer Einladung nachgekommen sind.

Unsere Jubiläumsveranstaltung haben wir aus den folgenden Gründen organisiert:

  • Zum Einen als Dank an wohnungslose Menschen, die uns schon über eine so lange Zeit ihr Vertrauen schenken und begleitet haben. Ebenso aber zum Gedenken an all diejenigen, die wir im Verlauf dieses gemeinsamen Weges schon verlieren mussten.
  • Zum Anderen möchten wie auch den Mitarbeitenden des Mainzer Modells danken, die durch die Investition ihrer Zeit und ihres Fachwissens die medizinische Versorgung ermöglichen.
  • Natürlich möchten wir auch allen unseren Unterstützenden danken, da das Mainzer Modell nach wie vor auf Spendenbasis finanziert wird. Ohne unsere Spender*innen könnte es das Mainzer Modell demnach gar nicht geben.
  • Und nicht zuletzt möchten wir unseren Kooperationspartnern danken. Wir wissen auch, dass wir durch die verschiedenen Perspektiven auf unsere gemeinsame Arbeit nicht immer einer Meinung sein können. Aber für alle steht das Wohl der Menschen in Not immer im Vordergrund. Unsere Zusammenarbeit in den letzten Jahren empfanden wir als fruchtbar und zugleich unerlässlich.

Aber was ist eigentlich das Mainzer Modell?

„Kommt der Patient nicht zum Arzt, muss der Arzt zum Patienten gehen.“

Nach diesem Motto sorgt Prof. Dr. med. Gerhard Trabert und das Team des „Mainzer Modells der gesundheitlichen Versorgung von wohnungslosen Menschen“ dafür, dass ärztliche, pflegerische und sozialarbeiterische Hilfe im Rahmen von medizinischen Sprechstunden in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe und in Unterkünften für Geflüchtete stattfinden kann.

Mit unserem „Arztmobil“, einer rollenden Ambulanz, werden zudem wohnungslose Menschen auf der Straße aufgesucht. Die Rahmenbedingungen für diese Arbeit, z.B. die Bereitstellung des Arztmobils, werden dabei von Armut und Gesundheit in Deutschland e.V. getragen.

In erster Linie aber, ist das Mainzer Modell ein Team. Seit es den Betrieb im Jahr 1994 aufgenommen hat, steckt dieses sehr engagierte Team hinter der Arbeit des Projekts. Für ihre langjährige Treue und unermüdliche Mühe möchten wir an dieser stelle würdigen:

  • Sr. Maria Theresia,
  • Annegret Rehorn,
  • Susanne Hill,
  • Ulrich Greaber,
  • Steffen Nusselt,
  • Dietmar Hoffmann,
  • Monika Orth,
  • Sr. Angelika Ullmann-Schüler,
  • Paul Knapstein,
  • Jochen Kormannshaus,
  • Gisela Bill,
  • Nele Kleinehanding,
  • Ela Ciftci,
  • Ingrid Obst,
  • Anita Zimmermann.

Vielen Dank für euren Einsatz!