a+G und RESQSHIP starten eine engere Zusammenarbeit

die „tödlichste Fluchtroute der Welt“ wird sie genannt. Gemeint ist der Weg in einem überfüllten Schlauchboot über das Mittelmeer. Schlepperbanden, Grenzpatrouillen, Küstenwachen, Krankheiten, Hunger, Durst, die See selbst in ungeeigneten und überfüllten Booten sind nur wenige der Gefahren, denen Menschen auf der Flucht über das Mittelmeer ausgesetzt sind. Das Abschieben der Verantwortlichkeiten und die aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen schlichtweg unwilligen Regierungen und Behörden an den Zielhäfen tragen zu diesem Ruf bei – darüber hinaus kriminalisieren sie auch noch die unabhängigen Seenotretter.
Dennoch treiben die massiv steigende soziale Ungerechtigkeit, schwere und lang anhaltende Hungersnöte sowie Kriege und ökologische Katastrophen immer wieder Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und sich den vielfältigen Gefahren der Flucht auszusetzen. Menschen aus Lebensumständen, die wir uns im sicheren Mitteleuropa nur noch schwer vorstellen können.

Armut und Gesundheit in Deutschland e.V. möchte nun ein Zeichen setzen, dass wir alle gemeinsam in der Verantwortung stehen, uns für die Menschenrechte einzusetzen, die wir uns immer wieder mühevoll erarbeiten mussten und auch weiterhin erhalten müssen. In diesem Zusammenhang möchten wir nun bekannt geben, dass wir uns zu einer dauerhaften Zusammenarbeit mit der Seenotrettungsorganisation „RESQSHIP“ entschlossen haben.

Die Gelegenheit zu einer engen Zusammenarbeit war nie besser als jetzt:

Zum Einen hat RESQSHIP ein neues Schiff erworben, mit dem der Hamburger Verein 2021 wieder humanitäre Missionen im zentralen Mittelmeer aufnehmen wird. Zum Anderen birgt eine solche Zusammenarbeit immer Vorteile auf finanzieller, strategischer und insbesondere medizinischer Ebene. Die erfahrenen Seenotretter:innen können unseren medizinischen Teams so sehr unkompliziert ermöglichen vor Ort mitzuhelfen. Daher haben wir bereits den Schiffskauf finanziell gefördert und im medizinischen Bereich mitgewirkt. Auch bei der Erarbeitung eines Corona-Schutzkonzeptes für die anstehenden Missionen werden wir unsere Expertise einbringen. Die Zusammenarbeit zwischen den Vereinen besteht schon seit Jahren und wurde insbesondere durch die Mainzer RESQSHIP-Ortsgruppe auf der lokalen Ebene gefördert.

Unser gemeinsames Ziel ist es, mit dem neuen Schiff die Menschenrechtslage im zentralen Mittelmeer zu beobachten, die Situation vor Ort zu dokumentieren und im Rahmen der allgemeinen Pflicht zur Hilfeleistung auf See in Notfällen auch Menschen aus Seenot zu retten und medizinische Erstversorgung zu leisten. Durch seine Arbeit und Berichte will RESQSHIP ein Wegsehen der EU auf der tödlichsten Fluchtroute der Welt unmöglich machen.

„Das Mittelmeer ist weiterhin die tödlichste Fluchtroute der Erde. Die staatlichen Hilfsmaßnahmen versagen, zivile Seenotrettung wird immer wieder kriminalisiert und bei ihrer Arbeit be- und gehindert. Mit der nun beginnenden engen Kooperation mit RESQSHIP wollen wir ganz bewusst ein Zeichen der Solidarität mit den Menschen auf der Flucht generell und speziell über das Mittelmeer setzen. Zudem solidarisieren wir uns eindeutig mit den zivilen Seenotrettungsaktivist:innen und fordern die Politik auf, endlich das Sterben im Mittelmeer durch humanitäre Hilfe zu verhindern“

Prof. Dr. Gerhard Trabert

Hintergrund:

Bereits 2019 führte RESQSHIP mit dem damaligen Segelschiff „Josefa“ zahlreiche Beobachtungsmissionen vor der libyschen Küste durch. Dabei konnten die Crews des Vereins Maßnahmen zur Seenotrettung unterstützen, auf die Notlage flüchtender Menschen vor Ort hinweisen, Rechtsverstöße dokumentieren und selbst Menschenleben retten. Nachdem die humanitäre Arbeit im vergangenen Jahr aufgrund rechtswidriger Änderungen des Schiffssicherheitsrechts durch das Bundesverkehrsministerium blockiert war, nimmt der Verein seine Missionen 2021 wieder auf – mit einem neuen und größeren Schiff.