Wir fordern: Lernmittelfreiheit & kostenloses Schulessen

Diese Pressemitteilung haben wir zum Schulstart 2022 in Rheinland-Pfalz veröffentlicht:

Stadt und Land muss einkommensarme Familien mit Schulkindern unterstützen:

Lernmittelfreiheit für alle, besonders für alle Sozialleistungsbeziehenden!

Nächste Woche beginnt für rheinland-pfälzische Kinder das neue Schuljahr. Während sie sich hoffentlich darauf freuen, nach den Ferien endlich ihre Freund:innen wieder regelmäßig zu sehen und etwas lernen zu können, bekommen viele Eltern gerade akute Bauchschmerzen: Die Preise für Schulmaterial sind laut statistischem Bundesamt abermals gestiegen – und das deutlich: Gegenüber dem Vorjahresmonat sind Materialien wie Schulhefte und Zeichenblöcke, Stifte, Farbkästen und Schulranzen insgesamt um 13,6% teurer. Das sind noch mal 7,5% mehr als die Verbraucherpreise insgesamt im entsprechenden Zeitraum gestiegen sind!1

Zusätzlich zu den ohnehin für einkommensarme Familien sehr belastenden Preissteigerungen im Lebensmittel- und Energiesektor ist dies für viele einfach nicht zu stemmen. Beziehen sie HartzIV, stehen ihnen zum Schuljahresbeginn laut §28 des Sozialgesetzbuches II für die Ausstattung 104€ zur Verfügung, zum 1.2. nochmals 52€. Schulausflüge sollen damit schon mit abgedeckt sein. Zusätzliches Bildungsmaterial darf übrigens nur 79 Cent (!) pro Monat kosten – kaputt oder verloren gehen darf also auch nichts.2

So viel Geld geben die, die sich keine Geldsorgen machen müssen, oft allein für die Schultasche aus. In den oberen Klassenstufen kann es sein, dass Eltern in Rheinland-Pfalz bis zu 421 Euro für Material und dazu noch einmal 195 Euro allein für Bücher ausgeben müssen! Und da hört es noch lange nicht auf: Digitale Geräte, Schulessen, Ausflüge, … 3

Einige dieser Kosten übernehmen Jobcenter oder andere Anlaufstellen zwar, aber dies ist mit einigen bürokratischen Hürden verbunden. Abgesehen vermeiden viele Menschen aus Scham, solcherlei Anträge zu stellen, und versuchen, ihre Mangelversorgung lieber zu kaschieren, indem sie sich zurückziehen und etwa bei Ausflügen absagen, kein Schulessen kaufen, etc.

Prof. Dr. Gerhard Trabert fordert: „Die politisch Verantwortlichen – insbesondere die Bildungsministerin Frau Hubig in Rheinland-Pfalz – müssen hier schnellstens handeln und Lernmittelfreiheit für alle Schulkinder einrichten! Schulbücher, Hefte, Stifte und anderes verpflichtendes Material sollte zu Schuljahresbeginn einfach von der Schule selbst verliehen oder kostenfrei ausgegeben werden.“ Was Finanzierung und Umsetzung angeht, könne man sich an den Modellen zur Lernmittelfreiheit von Baden-Württemberg, Bremen, Hessen, Sachsen oder Sachsen-Anhalt orientieren.

Kostenfreies Schulessen ermöglichen!

Eine ganz aktuelle Untersuchung des Instituts für Ernährungswissenschaften an der Universität Hohenheim stellt fest, dass Kinder aus armen Verhältnissen immer häufiger unter den Folgen von Mangelernährung leiden: Die körperliche sowie die kognitive Entwicklung der Kinder wird beeinträchtigt, das Immunsystem ist schwächer. Entwicklungschancen in Schule und Beruf sind eingeschränkt.4

„Unzureichende Ernährung betrifft eine Menge Kinder. Auch hier in Rheinland-Pfalz. Die Hartz-IV-Regelsätze sehen für tägliches Essen bei Kindern zwischen 3,29€ und 4,34€ vor. Damit konnte man ein Kind letztes Jahr schon unmöglich gesund ernähren – nach all den Preissteigerungen jetzt aber erst recht nicht mehr! Auch hier muss dringend gehandelt werden: Ein gesundes Schulessen für von Armut betroffene Kinder, oder besser alle Kinder, an jedem Schultag kostenfrei. Noch besser wäre auch eine Versorgung während der Ferien oder während z. B. pandemiebedingten Schulschließungen.“, erklärt Prof. Dr. Trabert abschließend.

Zurzeit leben in Deutschland mindestens 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in Armut.5


1 https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2022/PD22_33_p002.html

2 https://www.hartziv.org/bildungspaket/

3 https://www.eltern.de/13371830.html

4 https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/pdf/10.1055/a-1553-3202.pdf

5 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/785520/