Zivilgesellschaftliche Allianz geht voran: Spenden-Behandlungsfonds für Nichtversicherte in Rheinland-Pfalz startet am 01.01.2023

Durch die großzügige Spende einer Einzelperson kann unser Verein Armut und Gesundheit (a+G) zusammen mit den beiden gemeinnützigen Vereinen Medinetz Koblenz und Medinetz Mainz zu Beginn des kommenden Jahres endlich einführen, was er schon seit Langem von politischen Entscheidungsträger:innen fordert: Einen Behandlungsfonds – ein Budget, aus dem Behandlungen in Kliniken und bei Ärzt:innen für Menschen finanziert werden können, die nicht oder nicht ausreichend krankenversichert sind.

In der medizinischen Ambulanz von a+G werden Nichtversicherte auch bisher schon medizinisch versorgt. Die Möglichkeiten sind allerdings begrenzt: „Wo eine Narkose notwendig ist, wo ein größeres steriles Feld benötigt wird, wenn man eingreifen müsste, ist das nicht leistbar“, sagt Internist Dr. Sebastian Schink. „Wir können keine invasiven Untersuchungen, zum Beispiel Magen- oder Darmspiegelungen, keine Herzkatheter durchführen.“

In Fällen wie diesen müssen die Menschen an fachärztliche Praxen oder Kliniken weiterverwiesen werden. Dort werden sie allerdings häufig wieder weggeschickt, weil die Behandlungen keine Notfälle sind und es keine Möglichkeiten der Kostenerstattung gibt.

Die soziale Beratungsstelle von a+G sowie die Medinetze in Mainz und Koblenz wissen um die Problematik und bemühen sich, stets trotzdem eine Lösung für die Betroffenen zu finden:

„Oft können wir mit bestimmten Praxen oder Kliniken zusammenarbeiten und den Menschen eine kostenfreie Behandlung vermitteln, doch das klappt nicht immer. Zum Beispiel wurde vor Kurzem einer unserer wohnungslosen Patienten aus dem Krankenhaus entlassen, obwohl er schwer an Krebs erkrankt ist und wirklich medizinische Hilfe benötigt!“, erzählt Sebastian Maaßen, Gesundheits- und Krankenpfleger und Sozialarbeiter bei a+G.

„Wir finden, dass Deutschland da seinen eigenen Gesetzen nicht nachkommt. Im Grundgesetz ist das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit verankert. Noch dazu hat Deutschland die Europäische Sozialcharta unterzeichnet, und sich damit selbst verpflichtet, ein funktionierendes Gesundheitssystem für alle, also auch und besonders für die in prekären Lebenslagen, bereitzustellen. Und trotzdem gibt es hier eine Zwei- oder Drei-Klassen-Medizin! Trotzdem sterben Menschen an Erkrankungen, die eigentlich oft leicht behandelbar wären!“, ergänzt Dr. Claudia Tamm von Medinetz Koblenz.

Ein großzügiger Spender hat dem Verein a+G nun die Etablierung eines Behandlungsfonds ermöglicht. Die Medinetze Koblenz und Mainz werden sich ebenfalls finanziell beteiligen. So kommt eine Summe von 80.000 Euro zusammen.

Damit möchten die Organisationen allen Menschen, die sich gewöhnlich in Rheinland-Pfalz aufhalten, eine Kostenübernahme ihrer medizinischen Behandlungen ermöglichen, sofern ihnen keine anderen Ansprüche zustehen. Solche Ansprüche werden immer zuerst von den Clearingstellen Krankenversicherung Rheinland-Pfalz geprüft.

Notfallbehandlungen müssen laut Gesetz ohnehin durchgeführt werden und können nicht im Nachhinein über den Fonds abgerechnet werden.

Nele Wilk von der Clearingstelle Krankenversicherung Mainz verdeutlicht: „Ein solcher Fonds ist längst überfällig; wir fordern ihn schon seit Langem von allen politischen Ebenen. Wir haben zwar positive Absichtserklärungen aus den rheinland-pfälzischen Ministerien bekommen, aber an der Umsetzung haperte es bisher. Nun wollen wir vorangehen, und zeigen, wie es gehen kann.“

Der Spenden-Behandlungsfonds wird zum 01. Januar 2023 starten und ist auf ein Jahr befristet. Sollte das Budget vorher aufgebraucht sein, muss das Angebot leider vorzeitig stoppen.

Die Inanspruchnahme des Fonds wird gründlich dokumentiert und ausgewertet, sodass politische Entscheidungsträger:innen in Zukunft eine Grundlage für die weitere Diskussion und Gesetzgebung haben werden.

„Wir freuen uns, dass wir den Behandlungsfonds durch private Spenden anbieten können. Jedoch finden wir auch, dass so eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe wie die Bereitstellung von Gesundheitsversorgung für von Armut betroffene Menschen nicht dauerhaft vom guten Willen Einzelner abhängen darf. Wir sind sicher, dass ein solcher Behandlungsfonds auch aus öffentlichen Mitteln finanziert werden kann. Andere Städte und Bundesländer haben dies längst umgesetzt“, fasst Johanna Schwarz von Medinetz Mainz hoffnungsvoll zusammen.

Spenden

Wer das Budget des Spenden-Behandlungsfonds vergrößern will, kann dies gerne durch Überweisung auf das Spendenkonto von a+G tun:

Armut und Gesundheit in Deutschland e. V.
Mainzer Volksbank
IBAN:  DE24 5519 0000 0001 9190 18
Verwendungszweck: Spenden-Behandlungsfonds