Kritik an Biontech/Pfizer

Armut und Gesundheit in Deutschland e. V. kritisiert Biontech/Pfizer wegen des intransparenten, drastischen Preisanstiegs ihrer Impfstoffe sowie wegen der versuchten Einflussnahme auf eine Kampagne für Impfgerechtigkeit und appelliert an die Bundesregierung für mehr öffentliche Gesundheit.

Durch eine Recherche der amerikanischen Nachrichtenplattform The Intercept wurde zuletzt bekannt, dass sowohl Biontech als auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) versuchten, eine Kampagne zur Freigabe der Impfstoffpatente zu behindern.

So beantragte Biontech im Dezember 2020 beim Kurznachrichtendienst Twitter, den firmeneigenen Account für den Kampagnenzeitraum zu deaktivieren, um dadurch Kommunikation, die Biontech betrifft, einzuschränken.

Unser Verein hat seinen Hauptsitz ganz in der Nähe der Biontech-Zentrale in der Mainzer Oberstadt. „Gerade als Nachbarn des Impfstoffherstellers und als Verein, der sich für gesundheitliche Chancengleichheit weltweit engagiert, sind wir über diesen Vorgang entsetzt“, macht Prof. Dr. Gerhard Trabert deutlich.

In dieser Zeit, in der besonders deutlich wurde, dass eben nicht „alle in einem Boot sitzen“, sondern dass die Auswirkungen der Coronakrise Menschen in Armut deutlich härter treffen als solche mit gesichertem finanziellen Status – sowohl vor unserer Haustüre als auch in den ärmeren Ländern der Welt – plante „The People’s Vaccine Alliance“, eine internationale Koalition aus über 100 zivilgesellschaftlichen Organisationen, eine Kampagne mit dem Ziel, den Zugang zu Covid-19-Impfstoffen für Menschen im Globalen Süden zu verbessern. Bestehende Kontaktbeschränkungen und Schutzauflagen bedingten, dass der Protest größtenteils online stattfinden musste.

Die angestrebte Begrenzung dieser Möglichkeiten empfinden wir als zutiefst undemokratisch.

SZ, NDR und WDR legten außerdem vor einigen Tagen dar, wie undurchsichtig die Verträge zwischen Bundesregierung und Pharmakonzernen gestaltet sind und veröffentlichten Details über einen nicht nachvollziehbaren, unverhältnismäßigen Preisanstieg der Impfstoffdosen mitten in der Pandemie. Den dringenden Bedarf an Impfdosen so auszunutzen, und dadurch über 13 Milliarden Euro an Steuergeldern einzunehmen, ist schlichtweg verwerflich und der Bevölkerung gegenüber höchst unsolidarisch.

Dies reiht sich ein in eine Vielzahl an Versuchen von Biontech und anderen Pharmakonzernen, Arbeitsansätze für eine gemeinwohlorientierte globale Gesundheitspolitik auszubremsen sowie die deutsche Regierung zur Ablehnung der Ausnahmeregelung bei der WTO zu drängen.

Wir vom Verein Armut und Gesundheit in Deutschland e. V. setzen uns seit der Impfstofffreigabe dafür ein, dass sozial benachteiligte Menschen nicht ausgeschlossen werden. Zum Beispiel organisierten und organisieren wir immer wieder Impfaktionen für wohnungslose und nichtversicherte Menschen in Mainz und haben uns dafür starkgemacht, dass Menschen ohne Papiere oder ohne festen Wohnsitz in ganz Rheinland-Pfalz unkomplizierten Zugang zur Impfung bekommen. Diese Möglichkeiten müssen allen zustehen – weltweit.

Wir sind der Meinung, dass öffentliche Gesundheit auf der ganzen Welt unbedingt Vorrang vor dem Schutz privater Marktmonopole von Akteuren wie Biontech haben muss und schließen uns den Forderungen der Organisationen Ärzte der Welt, Ärzte ohne Grenzen, medico international, Oxfam und anderen an:

Die Bundesregierung muss endlich ihre selbstauferlegten Verpflichtungen im Rahmen der G7-Präsidentschaft 2022 ernst nehmen und sofort aufhören, zivilgesellschaftliche Stimmen im Diskurs auszubremsen. Covid-19-Technologien, Wissen und weiteres geistiges Eigentum muss – auch gegen die Interessen der privaten Unternehmen – mit Herstellern in ärmeren Ländern geteilt werden. Nur so kann künftigen Pandemien wirksam entgegengewirkt werden.